Generalanzeiger Bonn
21.06.2001
Darmstadt (dpa) - Fingerabdrücke oder Gesichtserkennung werden nach Einschätzung von Computerspezialisten schon bald Geheimnummern ersetzen. «Den Ausschlag wird die Bequemlichkeit der Menschen geben, die lieber eine Hand auf einen Sensor legen statt sich Zahlen zu merken», sagte Henning Daum vom Fraunhoferinstitut für Graphische Datenverarbeitung (IGD) in Darmstadt. Anlass war ein ganztätiger Workshop über die Möglichkeiten der Identifizierung anhand biologischer Vorgaben (Biometrie) am IGD.
Einige Systeme sind nach Überprüfung von Daum bereits marktfähig. Bei ausgereiften Programmen biete die Biometrie mehr Sicherheit als Geheimnummern. «Für Betrüger sind Fingerabdrücke oder Gesichtszüge nur sehr schwer zu kopieren, und die Anwender selbst müssen keine Angst mehr haben, dass sie ihre Zahlenkombination vergessen.» Allerdings warnte der Sicherheitsexperte die Firmen, ihre Produkte zu früh auf den Markt zu bringen. Nur wenn die Technik sicher und zugleich bequem in der Bedienung sei, werde sie von der Bevölkerung angenommen.
Der Umstieg von PIN-Nummern auf biometrische Erkennungsmerkmale scheitere zurzeit noch am Geld und der fehlenden Akzeptanz der Anwender. Ein Sensor für ein Handy, mit dem der Benutzer eindeutig an seinem Fingerabdruck erkannt wird, koste rund 200 Mark, erläuterte Daum: «Das lässt sich auf dem Markt nicht durchsetzen.» Die Banken scheuten ebenfalls den hohen Investitionsaufwand, ihre Geldautomaten auf ein neues System umzustellen. «Ich glaube deshalb, dass die Technik ihren Siegeszug über die Computerarbeitsplätze antreten wird», sagte Daum. Viele Firmen legten größten Wert darauf, dass nur autorisierte Nutzer Zugang zu ihren Daten erhielten. Deshalb seien hier bereits Sicherungssysteme mit Fingerabdruck oder Gesichts- und Spracherkennung im Einsatz.
Michael Behrens von der Gesellschaft für Technologietransfer in Friedberg sieht die Zukunft der Biometrie vor allem im Komfort. Seine Forschungsgruppe arbeitet an einem Auto, dass sich per Fingerabdruck öffnen lässt und sich automatisch auf die Bedürfnisse des jeweiligen Fahrers einstellt: Sitzlage, Rückspiegel, Radioempfang. «Beim Autokauf fallen die Mehrkosten im Gegensatz zum Handy nicht ins Gewicht», so Behrens. Bis zur Realisierung seien allerdings noch einige Fragen zu lösen. Da das Fahrzeug nur auf bekannte Gesichter reagiere, könne kein Freund und kein Werkstattfahrer hinter das Lenkrad. «Diese Probleme müssen wir in den Griff bekommen, ohne die Sicherheit einzuschränken», sagte Behrens.