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Ein Augenzwinkern genügt oft nicht

Frankfurter Rundschau
11.02.2000

Ein Bericht von Eva Bredow-Cordier

Fraunhofer Institut präsentiert Studie über Biometrische Identifikationssysteme

PIN ade - ein Lächeln in die Kamera reicht, und der Geldautomat spuckt die gewünschte Summe aus? Verbraucherschützer setzen große Hoffnung in die Biometrie, andere mahnen Datenschutz an: In Darmstadt stellte das Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung erste Ergebnisse einer Studie über Biometrische Identifizierungssysteme vor.
Ausgerechnet beim Abteilungsleiter Sicherheitstechnologie für Graphik und Kommunikationssysteme, Christoph Busch, versagten die Hand- und Fingerabdruck-Erkennungssysteme. Den Geräten war es nicht möglich, Buschs Hände oder Finger dem Mensch Busch zuzuordnen. Im Ernstfall hätte der Mann am Geldautomaten kein Geld bekommen, oder es wäre ihm der Eintritt verwehrt geblieben.
"Bei Temperaturschwankungen, oder wenn ich mit meinem kleinen Sohn im Sandkasten war, springen immer meine Finger auf", erklärt Busch. Sein Team vom Fraunhofer Institut für Graphische Datenverarbeitung hat im Auftrag der Bundeskriminalamtes (BKA) und des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) die Studie "Vergleichende Untersuchung Biometrischer Identifikationssysteme" erstellt, deren erste Ergebnisse sie auf einem Symposium in Darmstadt vorstellten.
40 Mitarbeiter des Fraunhofer Instituts haben über ein halbes Jahr elf verschiedene Geräte täglich in einem Parcours getestet: Was mancher nur aus James Bond oder Sciencefiction-Filmen kennt, zeigte sich in Darmstadt als geballte Wirklichkeit auf kleinstem Raum: Elf Maschinen, in die der Nutzer hineinspricht oder -schaut; oder an die er Hand anlegt. Die Computer versuchten die Testpersonen anhand deren Fingerabdrücke, des Iris-Scans oder mit Hilfe von elektronischer Schriftprüfung, Gesichts- oder Stimmerkennung täglich zu identifizieren.
Viele setzen in diese Technik große Hoffnungen - nicht zuletzt die Verbraucherverbände, die seit Jahren gegen die Missbrauchsmöglichkeiten der heute üblichen Geheimzahlen wettern. Andere freuen sich auf die Zeit, in der ihr Gedächtnis nicht mehr mit Geheimzahlen belastet ist. Außerdem: Sich selbst kann man weder vergessen noch verlieren.
Derlei Hoffnungen wurden in Darmstadt teilweise gedämpft. Noch längst ist die Technik nicht ausgereift, so das Fazit der Studie. Die Quote der Fehlererkennung sei viel zu hoch, der Datenschutz noch nicht ausreichend abgesichert und die Geräte seien viel zu langsam. Zudem existiere kein biometrisches Merkmal, über das sämtliche Menschen verfügen.
Was ist mit Blinden, Tauben, Analphabeten? Wie steht es mit dem Missbrauch? Genügt ein abgeschnittener Finger zur Identifikation? Was ist nach einem Frisörtermin, bei dem sich der Typ verändert? Selbst dass es für diese Technik einen Markt gibt, stellt Frank Lohmeier von der R+V Allgemeinen Versicherung AG in Abrede. Biometrische Sicherheitssysteme böten keine zusätzliche Sicherheit, so seine These. Bei den heutigen Systemen lägen zu wenige Missbrauchfälle vor. Das sahen die anwesenden Herstellerfirmen naturgemäß anders. So lautete denn die vorherrschende Meinung, die Technik komme auf jeden Fall in ein paar Jahren. Doch zuvor sind noch viele Feldversuche nötig, so das Fazit von Otto Ulrich vom BSI, das bereits eine Folgestudie in Auftrag gab. Alle Ergebnisse der Technikfolgenabschätzung sind übrigens aus Geheimhaltungsgründen nicht für die Öffentlichkeit bestimmt.