Darmstädter Echo
28.04.2000
Am Samstag gibt es eine Gartenparty. Grillschürze, Partywürstchen,
Einladungskarten: Großeinkauf ist angesagt. Aber ohne zeitaufwendiges
Hasten durch Regalreihen, ohne lange Wartezeiten an den Kassen und ohne
Tütenschleppen. Stattdessen heißt es, gemütlich im Stuhl zurücklehnen,
dann ein paar Mausklicks - und schon ist der virtuelle Warenkorb gefüllt.
Noch ist das eine Zukunftsvision. Doch die Vorschußlorbeeren für den
elektronischen Handel im Internet sind groß, die Wachstumspotentiale,
die dem sogenannten E-Commerce vorausgesagt werden, immens: 1998 überstieg
das Umsatzvolumen im elektronischen Handel in Deutschland bereits sie
Marke einer Milliarde Mark, bis zum nächsten Jahr erwartet der Deutsche
Multimedia Verband gar einen Anstieg des E-Commerce-Volumens auf 25
Milliarden Mark. Doch ein rasante Aufschwung hängt entscheidend von
einem Faktor ab: von zuverlässigen Sicherheitstechnologien.
Kryptografie nennt sich die Wissenschaft vom Ver- und Entschlüsseln
von Daten, dahinter stehen hochkomplexe mathematische Berechnungsverfahren.
Elektronische Unterschriften, vertrauliche Kommunikations- und Bezahlungsmöglichkeiten
im Internet, Software- und Copyrightschutz sind einige der Forschungsaspekte
mit, denen sich auch das Darmstädter Zentrum für Graphische Datenverarbeitung
(ZGDV) beschäftigt.
Auf einem Workshop für Unternehmer die sich einen Überblick über die
Nutzungsmöglichkeiten des globalen Marktplatzes lnternet verschaffen
wollten, wurden gestern Verfahren für die ungefährdete Datenübertragung
vorgestellt und die aktuelle Rechtslage des lnternethandels diskutiert.
Markus Ruppert, Geschäftsführer des "Cast-Forums im ZGDVdas sich speziell
mit der Sicherheit moderner Informationstechnologien beschäftigtsieht
einen hohen Aufklärungsbedarf beim E-Commerceum die notwendige Vertrauensbasis
für schwunghaften Handel Internet zu schaffen. Darmstädter forschen
derzeit an so genannten Public-Key-Systemen (öffentliche Schlüssel).
speziellen Karten in den PC-Rechner geschoben werdenschließt Nutzer
seinen Zugang bestimmten Angeboten auf und zu. Ähnlich einem Personalausweis
diese elektronischen Ausweise von staatlich lizensierten Zertifizierungsstellen
ausgegeben - eine Garantie Kryptocardnicht gefälscht ist Benutzer
außerdem identifizierbar wird.
Auf dieser Basis der elektronischen Ausweise könnten, sagt Ruppert,
später auch digitale Signaturen übertragen werden. Ein viel versprechendes
Projekt vor allem, weil damit Unterschriften mit der gleichen Rechtsverbindlichkeit
geleistet werden könnten wie sie der Namenszug auf einem Papierdokument
garantiert - das wiederum eröffnet neue elektronische Möglichkeiten
beispielsweise für Handelsverträge oder Grundbucheinträge.
Nach Auskunft von Markus Ruppert haben größere Firmen, vor allem für
die Kommunikation vertraulicher Daten und den Handel untereinander,
solche Wege zu "Public-Key-Systemen" bereits eingeschlagen oder sind
dabei, entsprechende Infrastrukturen in den Unternehmen zu schaffen.
Für den Privatkunden freilich ist das noch Zukunftsmusik. Die Bezahlung
für die bestellte Ware - etwa in der "Shopping-Mall Südhessen" (www.shoptimal.de),
wo sich inzwichen zwölf Firmen zusammengeschlossen haben und die Internetsurfer
zum Einkauf mit dem virtuellen Warenkorb einladen - erfolgt noch konventionell: per Kreditkarte, Lastschrift oder Kontoeinzug.